Was steckt hinter Trennungsangst?

Trennungsangst (separation anxiety) ist eine tief verwurzelte Angst, die sowohl Kinder als auch Erwachsene treffen kann. Während Trennungsangst im Kindesalter weit verbreitet und oft als normaler Teil der Entwicklung angesehen wird, kann sie im Erwachsenenalter zu einer ernsthaften psychischen Störung werden. Diese Angst, von einer wichtigen Bezugsperson getrennt zu werden, ist eine Form der Angststörung, die im „Journal of Psychology“ beschrieben wird. Sie kann zu erheblichen Beeinträchtigungen oder gar Zwangsstörungen im täglichen Leben führen. Was viele nicht wissen: Ein Drittel aller Erwachsenen, die unter Trennungsangst leiden, haben mit der emotionalen Störung bereits seit ihrer Kindheit zu kämpfen. Und bei zwei Dritteln treten die Trennungsängste erst im Erwachsenenalter auf – als eine Folge von früheren Bindungserfahrungen oder durch traumatische Erlebnisse. 

Die Rolle der Bindungstheorie bei Trennungsangst

Die Bindungstheorie, entwickelt von John Bowlby, bietet eine Erklärung dafür, warum manche Menschen eine gesteigerte Angst vor Trennungen oder vor nahen Bindungen entwickeln. Laut dieser Theorie haben die frühkindlichen Bindungserfahrungen eines Kindes mit seinen primären Bezugspersonen einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung der emotionalen und sozialen Fähigkeiten. Wenn ein Kind eine sichere und stabile Bindung zu seinen Eltern oder anderen Bezugspersonen aufbauen kann, fühlt es sich geschützt und ist in der Lage, neue Erfahrungen zu sammeln.

Dagegen kann eine unsichere oder gestörte Bindung, die durch Inkonsistenz, Vernachlässigung oder traumatische Erlebnisse in der Kindheit geprägt ist, zu tief verwurzelten Ängsten (Phobien) und Problemen in späteren Beziehungen führen. Kinder, die solche unsicheren Bindungen erfahren, entwickeln oft ein erhöhtes Maß an Angst, wenn sie von ihren Bezugspersonen getrennt werden. Diese Ängste können sich bis ins Erwachsenenalter fortsetzen und manifestieren sich in Form von Trennungsangst oder Schwierigkeiten, enge Bindungen einzugehen.

Wie äußert sich Trennungsangst?

Die Symptome einer Trennungsangststörung sind vielfältig und können sowohl emotional als auch physisch sein. So verspüren viele, die unter einer emotionalen Störung mit Trennungsangst leiden, eine übermäßige Angst vor einer Trennung von einer nahen Bezugspersonen – sei es der Partner oder die Partnerin, Familienmitglieder oder Freunde.

Diese Angstgefühle können sich in Panikattacken, Schlafstörungen und körperlichen Symptomen, wie Kopfschmerzen oder Magenbeschwerden äußern. Ein weiteres zentrales Merkmal dieser Störung ist das Vermeidungsverhalten der Betroffenen: Sie weigern sich, sich von nahestehenden Bezugspersonen zu trennen. Dieses Symptom wird in der DSM-5 (Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders) unter der Kategorie „Separation Anxiety Disorder“ geführt. 

Trennungsangststörung bei Erwachsenen: Symptome

  • Übermäßige Angst, wenn der Kontakt zu einer nahestehenden Bezugsperson, wie der Partnerin oder dem Partner, unterbrochen wird.
  • Häufige Panikattacken und Schlafstörungen
  • Körperliche Symptome wie Kopfschmerzen, Übelkeit oder Magenbeschwerden in Trennungssituationen.
  • Starkes Vermeidungsverhalten, etwa das Weigern, alleine zu Hause zu bleiben oder längere Reisen, ohne die Bezugsperson zu unternehmen.
  • Eine emotionale Abhängigkeit von nahestehenden Bezugspersonen, die dazu führt, dass die Betroffenen häufig große Angst haben, diese zu verlieren.
  • Soziale Isolation und Rückzug aus dem sozialen Leben, um die angstauslösende Trennung zu vermeiden.
  • Häufiges Kontrollverhalten gegenüber der nahestehenden Bezugsperson, um deren Nähe und Verfügbarkeit sicherzustellen.

Frühkindliche Trennungsangst: Symptome

Diese Angststörung gehört zu den häufigsten psychischen Störungen des Kindes- und Jugendalters und kann sich auch in späteren Lebensjahren manifestieren. Meist tritt sie in der frühen Kindheit auf, als Reaktion auf Veränderungen in der familiären Situation. Die Symptome sind stark angstauslösend und führen oft zu einem verzögerten Entwicklungsschritt des Kindes, da es sich weigert, eigene Wege zu gehen und sich von den Eltern zu lösen. 

  • Große Angst und Weinen, wenn das Kind von der Mutter oder einer anderen nahen Bezugsperson getrennt wird.
  • Weigern des Kindes, alleine in einem Raum zu bleiben oder ohne die Eltern in den Kindergarten oder zur Schule zu gehen.
  • Nächtliche Schlafstörungen, oft begleitet von Albträumen über Trennungen.
  • Körperliche Symptome wie Bauchschmerzen oder Kopfschmerzen beim Kind, insbesondere wenn es zur Trennung von den Eltern kommt.
  • Übermäßige Anhänglichkeit und das ständige Bedürfnis nach körperlicher Nähe zur Bezugsperson.

Wann ist Trennungsangst ein Problem?

Trennungsangst wird dann problematisch, wenn sie das tägliche Leben und die Beziehungen einer Person erheblich beeinträchtigt. Besonders im Erwachsenenalter kann diese Störung weitreichende Folgen haben. Schwierigkeiten in Partnerschaften, Konflikte am Arbeitsplatz und soziale Isolation sind dabei häufige Begleiterscheinungen.

Laut einer Studie, die unter anderem im Journal of Affective Disorders veröffentlicht wurde, leiden rund 7 % der Erwachsenen im Laufe ihres Lebens unter einer Trennungsangststörung. Diese Störung kann dazu führen, dass Betroffene stark auf ihre Partnerin oder ihren Partner fixiert sind. Außerdem haben sie große Schwierigkeiten, unabhängige Entscheidungen zu treffen.

Was tun bei Angst vor Trennung?

Wenn auch Du unter dieser lähmenden Angst vor Trennung leidest, solltest Du Dich dieser stellen. Lass nicht zu, dass irgendwelche Angststörungen Dein Leben beeinflussen!

  1. Selbstreflexion: Erkenne, woher Deine Ängste kommen.
  2. Erwartungen anpassen: Überdenke unrealistische Erwartungen an Deine Beziehung.
  3. Selbstständigkeit fördern: Stärke Dein Selbstbewusstsein und Deine Unabhängigkeit.
  4. Offene Kommunikation: Teile Deine Gefühle ehrlich mit Deinem Partner oder Deiner Partnerin.
  5. Angst bewältigen: Lerne, Deine Ängste zu verstehen und zu kontrollieren.
  6. Kleine Schritte machen: Gehe Veränderungen langsam an.
  7. Sich selbst beruhigen: Entwickle Techniken zur Selbstberuhigung.
  8. Vertrauen aufbauen: Arbeite daran, das Vertrauen in Deine Beziehung zu stärken.

Doch manchmal reicht auch das nicht aus, um tief verwurzelte Ängste zu überwinden. Hier kann ich Dir mit einer systemischen Beratung helfen. Wir betrachten gemeinsam nicht nur Dich als Person, sondern auch Dein Umfeld. Das hilft Dir, Beziehungsmuster zu erkennen, die Deine Angst auslösen. Zusammen erarbeiten wir Lösungen, um diese Muster zu durchbrechen für einen Neuanfang mit mehr Leichtigkeit. Mit der richtigen Unterstützung kannst Du nicht nur Deine Ängste überwinden, sondern auch erfüllendere Beziehungen führen.

Über die Autorin

Hallo, ich bin Andrea, psychologische und systemische Beraterin. Ich unterstütze dich einfühlsam und vertrauensvoll, die Krisen in deinem Leben zu meistern. Hier erfährst du mehr über mich.